Nachhaltiges Bauen und die Schweiz
Fünf relevante und messbare Themenpaare lösen das starre Dreisäulenmodell ab
Professor Dietrich Schwarz, Zürich 22.08.2019
In die Debatte um eine nachhaltige Entwicklung möchte ich den Begriff der Relevanz einführen. Die Entwicklung unserer Gesellschaft und Volkswirtschaft soll nicht einseitig betrachtet oder von abstrakter Wissenschaft bestimmt werden. Vielmehr soll sie von einem breiten Konsens in der Bevölkerung und Wirtschaft getragen werden. Dabei hilft uns in der Schweiz die direkte Demokratie. Die Resultate der Volksabstimmungen in jüngerer Zeit, seien es Volksinitiativen, Gegenvorschläge, oder Referenden lassen auf einfache Weise erkennen, wo der Gesellschaft der Schuh drückt, welche Ängste viele Menschen unterschwellig beschäftigen, aber auch dass sie bereit sind, unsere politischen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen neu zu gestalten.
Davon abgeleitet definiere ich fünf Themenpaare mit volkwirtschaftlicher Relevanz, sogenannte Bedürfnisthemen. Im Gegensatz zu akademischen Definitionen der Nachhaltigkeit sind die fünf Themenpaare einfach verständlich und gut kommunizierbar, denn sie entsprechen realen Bedürfnissen. Sie sind miteinander verflochten, bedingen und stärken sich gegenseitig.

1. Bedürfnisthema: Ressourcen und Energie
Hierbei gilt es festzustellen, dass dies das älteste Thema der Nachhaltigkeit ist und durch Carl von Carlowitz 1713 erstmals in der Montan- und Forstwirtschaft thematisiert wurde und nicht zu vergessen, dass durch Minergie das Thema seit 20 Jahren erfolgreich und beispielhaft bearbeitet wurde. So konnten anfänglich Erfolge auf Seiten der Bauherren und später auch in der Gesetzgebung verbucht werden. Der Erfolg war so gross, dass durch die MuKEn 2014 Minergie neu überdacht werden musste. Darüber berichtet unser Geschäftsführer Andreas Meyer Primavesi.

Credit-Suisse Anlagestiftung, Neugrüen Mellingen, Energiestrategie 2050: Abstimmung zum Energiegesetz
https://www.uvek.admin.ch/uvek/de/home/energie/energiestrategie-2050.html
Am 21. Mai 2017 hat das Stimmvolk das revidierte Energiegesetz angenommen. Es dient dazu, den Energieverbrauch zu senken, die Energieeffizienz zu erhöhen und die erneuerbaren Energien zu fördern. Zudem wird der Bau neuer Kernkraftwerke verboten. Die Schweiz kann so die Abhängigkeit von importierten fossilen Energien reduzieren und die einheimischen erneuerbaren Energien stärken. Das schafft Arbeitsplätze und Investitionen in der Schweiz. Alle Texte zu den Abstimmungen sind den offiziellen Quellen des Bundes entnommen.
Strategie: Effizienz und Erneuerbare
Lassen Sie mich dieses Gesetz für die Bauwirtschaft als grössten Verbraucher von Ressourcen und Energie weiter ausführen. Drei Strategien führen in der Bautätigkeit ans Ziel. Eine verbesserte Gebäudehülle reduziert den thermischen Energieverbrauch im Winter und Sommer. Eine weiterentwickelte Haustechnik ermöglicht eine effizientere Transformation von Energie in Leistung und optimiert so den Stromverbrauch. Als erneuerbare Energiequelle für den erhöhten Bedarf von Elektrizität dienen im Moment Photovoltaikflächen mit dezentralen Batteriespeichern, welche mit Vorteil im Siedlungsraum selbst integriert werden und eben nicht in der Landschaft. Diese drei Strategien stehen logischerweise nicht in Konkurrenz zueinander sondern ergänzen sich und führen so zu einem höheren Komfort für die Nutzer.
Dieser gezielte Umbau und die Weiterentwicklung überholter Infrastrukturen und Technologien stärken die Binnenwirtschaft und fördern mittels Innovation den Wissensstandort Schweiz und die Exportwirtschaft, beides schafft nachhaltige Arbeitsplätze in allen Qualifikationsstufen, vom angelernten Hilfsarbeiter bis zum hochspezialisierten Nano-Physiker
Die Erneuerung und der Erhalt des Schweizer Baubestands sollen aber nicht dazu führen, dass dieser umgepflügt und wertvolle Infrastrukturen vernichtet werden. Vielmehr sichern angemessene und gezielte Eingriffe einen optimalen Energie- und Ressourceneinsatz für die bevorstehende Transformation des Bauwerks Schweiz und letztlich dessen Werterhalt.
2. Bedürfnisthema: Raum und Mobilität

Genossenschaft Kalkbreite Zürich, Architektur Müller Sigrist Abstimmung über die Änderung des Raumplanungsgesetzes
https://www.uvek.admin.ch/uvek/de/home/uvek/abstimmungen/abstimmung-raumplanungsgesetz.html
Die Schweizer Stimmbevölkerung hat sich am 3. März 2013 für die Revision des Raumplanungsgesetzes ausgesprochen. Damit kann die Zersiedelung gebremst werden. Die Revision stoppt Landverschleiss, gewährleistet eine kompaktere Siedlungsentwicklung und hält die Schweiz als Wohn- und Arbeitsort attraktiv.
Strategie: Dichte und Vernetzung
Lassen Sie mich auch dieses Gesetz für die Bauwirtschaft als grössten Verbraucher von Raum und Landschaft weiter ausführen. Die Schweiz will ihren Grünraum schützen, um eine gewisse Eigenversorgung mit Nahrung, Futter, Bauholz und Brennstoffen zu gewährleisten. Gleichzeitig bleiben die Landschaften als vielfältigen Lebensraum für die Naherholung erhalten. Aus diesem Grund gilt es, das Primat des Siedlungsraumes, der dazugehörigen Infrastrukturen und den daraus resultierenden Landfrass der Bauwirtschaft zu überwinden. Vielmehr sollen sich Stadt und Landschaft einschliesslich ihrer Bewohner und deren Bedürfnisse gegenseitig bedingen und ergänzen. Dies ist im Übrigen ein Eckpfeiler des schweizerischen Selbstverständnisses.
Siedlungsräume sollen in Städten und Dörfern zur Reduktion des steigenden Verkehrsaufkommens an strategisch gut erschlossenen Lagen verdichtet werden. Diese werden dadurch untereinander automatisch besser vernetzt. Dafür werden keine neuen Grünräume beansprucht, sondern bestehende Brachen oder unternutzte Zentren umgenutzt. In der Konsequenz sollen die peripheren Agglomerationen an Attraktivität verlieren und wenn möglich zurück zum Grünraum geführt werden. Genauso wie in der Energiepolitik will man auch in der Siedlungsentwicklung eine Wende erreichen.
Die Bevölkerung soll in diesen potenziellen Räumen wachsen und damit die Prosperität der Schweizer Wirtschaft sicherstellen. Dafür sorgen bestehende oder gezielt ausgebaute Infrastrukturen. Dies gilt in angemessener Weise für städtische wie auch für ländliche Zentren, die aber nicht mit Metropolitanräumen zu verwechseln sind. Letztere neigen dazu, sich ungebremst auszudehnen und Subzentren in ihren Suburbs zu verschlingen. Vielmehr sollen die Identitäten der Zentren und insbesondere der Subzentren gestärkt werden.
3. Bedürfnisthema: Nahrung und Gesundheit

Gegenentwurf zur Volksinitiative „Für Ernährungssicherheit“
Am 24. September 2017 hat das Stimmvolk den Gegenvorschlag des Ständerats zur Volksinitiative “Für Ernährungssicherheit” des Bauernverbandes angenommen.
Der Artikel schliesst die ganze Lebensmittelkette vom Feld bis auf den Teller ein. Er umfasst folgende fünf Pfeiler, die für die Ernährungssicherheit von besonderer Bedeutung sind:
- Die landwirtschaftlichen Produktionsgrundlagen wie Kulturland, Wasser, und Know-how müssen gesichert werden.
- Die Produktion von Lebensmitteln muss an die örtlichen Gegebenheiten angepasst sein, damit die Ökosysteme nicht überlastet werden.
- Die Schweizer Land und Ernährungswirtschaft muss sich auf dem Markt besser behaupten können.
- Gute Handelsbeziehungen mit dem Ausland sind für die Ernährungssicherheit zentral.
- In der Schweiz landet rund ein Drittel der Lebensmittel im Abfall.
Strategie: Permakultur und Urban-Farming
Sie mögen sich fragen was das mit der Bauwirtschaft zu tun hat. Wie wir bereits gehört haben eben sehr viel und noch mehr. Die Schweiz vermag sich mit dem verbleibenden Landschaftsraum, notabene bedrängt durch den Siedlungsraum nur noch knapp zur Hälfte selbst zu ernähren. Dabei sind die Futterimporte noch nicht eingerechnet. Es muss also unser Ziel sein, einerseits die Effizienz der Landwirtschaft noch weiter zu steigern und andererseits eine zusätzliche Nahrungsproduktion im städtischen Raum aufzubauen, dem sogenannten Urban-Farming.
Zur Effizienzsteigerung haben wir in den letzten Jahrzehnten grossflächige Monokulturen betrieben, weil diese aber sehr anfällig auf Schädlinge und Krankheiten sind, wird dieser Anfälligkeit mit Pestiziden und Genmanipulation begegnet, in der Mast gar mit Antibiotika. Eine Alternative dazu ist die altbekannte Permakultur, wo natürliche, widerstandsfähige Ökosysteme mit einer möglichst hohen Biodiversität angestrebt werden, ganz den natürlichen Vorbildern entsprechend, wie Wälder und Seen. Diese Permakulturen sind wegen ihrer höheren Arbeitsintensität und den leichten Gerätschaften bestens geeignet für die Integration von schlecht ausgebildeten Arbeitskräften und für nachbarschaftliche Kooperativen.
Die industrielle Gemüseproduktion wird bereits heute in mehrgeschossigen Grünhäusern in Europa, oft mit Hydrokulturen in hocheffizienten, geschlossenen Kreisläufen betrieben. Die Konsequenz ist klar, die Landwirtschaft verlässt die Landschaft und wird stattdessen auch im Siedlungsraum betrieben, sei es in Industriezonen, oder in den Wohnzonen selbst. Dieses Potential der intensiven urbanen Nahrungsproduktion ist durch die zehnmal höhere Effizienz gleich gross wie die aktuelle Landwirtschaft. Es wäre also auch in der Schweiz möglich, wieder die Ernährungssouveränität zu erreichen. Hier stehen wir aber noch ganz am Anfang.
Weiter sollen die Wege von der Nahrungsproduktion zum Kunden verkürzt werden, durch Direktverkäufe können verteuernde Margen und unnötigen Nahrungsabfälle im Grossverteiler reduziert werden. Dies ermöglicht es den Bauern und Nahrungsproduzenten zudem wieder faire Preise für eine ökologische und nachhaltige Produktion zu erzielen. Nicht zuletzt muss auch unsere Nahrungsgewohnheit mit einem zu grossen Fleischanteil überdacht werden. Wir sehen, bei dieser Betrachtung verlassen wir die Grenzen der gebauten Stadt oder bebauten Landschaft und beziehen den Menschen richtigerweise mit seiner Verantwortung und seinem Wesen stärker ein.
Beim Thema Gesundheit sind wir definitiv beim Menschen angekommen und dennoch agieren wir allzu oft mit teurer Infrastruktur anstatt mit kostenloser Zuwendung. Die Schweizer Bevölkerung wird auf höchstem Niveau medizinisch versorgt. Gleichzeit lässt dieses hochentwickelte Gesundheitssystem die Kosten in die Höhe steigen. Ursachen dafür sind die steigende Lebenserwartung und die sogenannten Zivilisationskrankheiten. In der Schweiz gilt es vermehrt dem Ursprung der Krankheiten entgegenzuwirken, anstatt mit teurer medizinischer Symptombekämpfung den Gesundheitsapparat weiter aufzublähen. Dazu ist der gesunden Ernährung in Zusammenhang mit einer sinnvollen Nahrungsproduktion und der demografischen Integration im Zusammenhang mit neuen Gesellschaftsformen besondere Beachtung zu schenken.
4. Bedürfnisthema: Demografie und Integration

Abstimmung zum Bundesgesetz vom 19. Mai 2019 über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung
https://www.bsv.admin.ch/bsv/de/home/sozialversicherungen/ahv/reformen-revisionen/staf.html
Die Schweizer Stimmberechtigten haben anlässlich der Volksabstimmung vom 19. Mai 2019 das Bundesgesetz über die Steuerreform und die AHV-Finanzierung (STAF) mit 66,4 % Ja-Stimmen gegen 33,6 % Nein-Stimmen angenommen.
Mit der Steuerreform sollen die Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmensstandorts Schweiz gewahrt, sowie Arbeitsplätze und mittel- bis längerfristig Steuereinnahmen gesichert werden. Zudem verschafft die Vorlage der AHV dringend benötigte Mehreinnahmen und leistet damit einen Beitrag zur Sicherung der Renten.
Strategie: Neue Gemeinschaften
Wir meinen mit Altersvorsorge den Menschen, streiten aber übers Geld. Wie wir alle wissen wird die Schweizer Bevölkerung immer älter, aber nicht glücklicher. Die Babyboomer, derzeit eine wichtige Basis unserer Sozialwerke, werden in spätestens dreissig Jahren Pflegeleistungen beziehen, vielleicht wird genügend Geld vorhanden sein, aber definitiv nicht genügend Menschen die sich der Pflege von Alten und Sterbenden annehmen. Es ist unschwer zu erkennen, dass das Modell der staatlich organisierten Sozialwerke, will man einen Kollaps und menschenunwürdige Zustände vermeiden, von individuellen, privaten Lösungen flankiert werden müssen.
In den vergangenen zwei Generationen hat die Individualisierung der Gesellschaft bestehende Familienstrukturen geschwächt; heute sind vermehrt Haushalte mit zwei oder nur einer Person anzutreffen, ebenso gibt es immer mehr Alleinerziehende. Speziell im Bereich der Betreuung und der Pflege müssen neue Gesellschaftsformen die früheren Grossfamilienstrukturen ersetzen. Nachbarschaft muss in geeigneten Wohnformen gelebt und Empathie zwischen den Individuen gefördert werden. Nur so entsteht eine Basis für die Nächstenhilfe, die wiederum Basis einer jeden sozialen Gesellschaftsform ist.
Die Globalisierung generiert nicht nur enorme Warenflüsse, sie mobilisiert auch eine grosse Anzahl von Menschen. Flüchtlinge handeln aus sozialer und ökonomischer Not, während sogenannte Expatriates meist ökonomischen Verpflichtungen folgen. In beiden Fällen begegnen sich Einheimische und Zugezogene. Es gilt Siedlungsstrukturen, Wohn- und Arbeitsformen zu fördern, in denen Nachbarschaft und das gegenseitige Kennenlernen Platz haben, ebenso wie kulturelle Freiheit, Vielfalt und Identität.
Dem sozialen Frieden dient unter anderem eine niedere Arbeitslosenrate, diese erreicht man bekanntlich mit nachhaltigen Jobs. Diese werden wiederum in den relevanten Bereichen einer nachhaltigen Volkswirtschaft entstehen.
5. Bedürfnisthema: Werterhalt und Tragbarkeit

Volksinitiative “Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft”
Am 25. September 2016 haben die Schweizer Stimmberechtigten über die Volksinitiative “Für eine nachhaltige und ressourceneffiziente Wirtschaft” abgestimmt und diese hoch abgelehnt. Die Initiative verlangte, dass Bund, Kantone und Gemeinden Massnahmen ergreifen, damit die Wirtschaft die Ressourcen effizient nutzt und die Umwelt möglichst schont. Bis 2050 soll die Schweiz den Ressourcenverbrauch so weit verringern, dass er hochgerechnet die natürliche Kapazität der Erde nicht mehr überschreitet.
Strategie: Dauerhaftigkeit und Angemessenheit
Wenn wir unsere volkswirtschaftliche Produktivität und finanzielle Kapazität nutzen um den ersten vier Bedürfnisthemen gerecht zu werden, so sind wir auch ökonomisch auf einem langfristig zielführenden Pfad. Dies gilt natürlich auch für die Bauwirtschaft.
Die Schweiz wird in den nächsten zwei Generationen den gesamten Gebäudepark energieeffizient nachrüsten, nachverdichten und auf die gesellschaftlichen Herausforderungen vorbereiten müssen. Dies fordert einen gemeinsamen politischen Willen, aber auch einen haushälterischen Umgang mit den finanziellen Mitteln von Privaten und der öffentlichen Hand. Es ist deshalb unerlässlich, sich auf relevante Themen der nachhaltigen Entwicklung zu fokussieren und Entwicklungsschritte in Raten zu fördern.
Die finanzielle Tragbarkeit steht dabei im Zentrum. Weder der Staat noch Private sollen sich überschulden. Diese Bremswirkung ist willkommen und sorgt für die nötige Ernsthaftigkeit und Reflexion in der Bautätigkeit. Dabei soll auf den Werterhalt der Bausubstanz besonders geachtet werden, nicht nur aus ökonomischen, sondern auch aus kulturellen Gründen. Es wäre ein architektonischer Fehler, wenn wir die Herausforderungen ausschliesslich durch Neubauten bewältigen wollten. Wir müssen den identitätsstiftenden Merkmalen unserer Heimat Sorge tragen und begreifen, dass sich nicht jede Generation neu erfinden muss. Es ist sinnvoll, Traditionen als gesammeltes Wissen zu verstehen und diese weiterzuführen. Solides Bauen bedeutet Langlebigkeit und Unterhalt, kluges Konstruieren ermöglicht Recycling, beides zusammen schafft einen nachhaltigen Realwert.
Bauen hat neben der betriebswirtschaftlichen Komponente des Investors immer auch eine gesellschaftliche und kulturelle Komponente. Man denke dabei an die europäischen Städte als eigentliche Schatzkammern, aber auch an die öffentlichen Räume, Plätze und Parks, die unser gesellschaftliches Leben und Selbstverständnis prägen.
Lebensqualität
Unser ganzes Wirken als Menschen soll unserer Lebensqualität dienen.
Wenn wir im 20. Jahrhundert nach dem Credo der grenzenlosen Freiheit gehandelt haben, so müssen wir heute unpopuläres Masshalten verkünden. Aber anstelle der Suffizienz oder der Genügsamkeit, die das Unnötige eliminieren will und dazu tendiert, auch die Schönheit und die Lebensfreude, ja gar den Lebenssinn auszulöschen, plädiere ich für die Konzentration: die eigene und die der eigenen Kreation. Diese Konzentration führt im Gegensatz nicht zu einer Verarmung, sondern zu einer Verdichtung des kulturellen Schaffens. Kultur ist Konzentration von Wissen und Können, dessen Konservieren über die Zeit und dessen Kommunikation durch das Kunstwerk. Für die Konzentration benötigen wir das Ideal, das uns in weiter Ferne als Leuchtturm die Richtung weist. Um das Ideal in der Zukunft zu erkennen, greifen wir auf das Wissen der Vergangenheit, unsere Kultur zurück. Dem Ideal der grenzenlosen Freiheit des letzten Jahrhunderts wird eine Zurückbesinnung auf unsere Traditionen und Identitäten folgen. Eine Kultur der Verdichtung auf das Wesentliche.
Die Empathie, unser Gefühl der Dazugehörigkeit, der Betroffenheit dürfen wir nicht geringschätzen. Denn was nützt uns die Individualisierung, wenn sie in die Einsamkeit und die Freiheit zur Verflüchtigung führt – und im Nichts endet. Wieder ist es die Konzentration auf die wahren Werte – die Gemeinschaft, ohne die der Mensch gar nicht leben kann. Aber auch der Wille, das eigene Ideal zu erkennen, zu bewahren und mitzuteilen.
Wie in den Bedürfnisthemen ausgeführt reagiert die Nachhaltigkeit auf eine reale Situation, sie fordert eine Korrektur bei einem anhaltenden Defizit unseres Verhaltens. Dadurch erhält sie einen realistischen, sich stetig ändernden Ansatz. Es ist nicht das Ziel, die Welt zu retten, vielmehr sollten wir uns als einen Teil des guten Ganzen erkennen und uns als solches verhalten. So entsteht Lebensqualität.